Sonntag, 21. April 2013

Faul! Ich bin einfach nur faul!

Oftmals im Arbeitsalltag betone ich, dass ich viele Abläufe nicht stur und neurotisch einhalte weil ich bestimmte Ängste bzw. Unsicherheiten mit Herrn Monk oder Rainmans Bruder teile, sondern weil ich einfach nur faul bin. Zu faul um suchen zu müssen, zu faul um einen Weg mehrmals wiederholen zu müssen, zu faul um vorhersehbare Schwierigkeiten ausbaden zu müssen. Keine Panik, meine Automatismen sind keine Zeichen von Geisteskrankheit, ich bin einfach nur stinkfaul. Mein Wahnsinn hat (besser gesagt: ist) Methode.

Ich bin so faul, dass ich mir (und dem Rest der näheren Familie) die Haare schneide. (Weil ich zu faul bin, einen Frisörtermin auszumachen, mich dorthin zu begeben, die Eigenart meiner Haare zu erklären, und nachher nachkorrigieren zu müssen.)

Ich bin so faul, dass ich mir (Erweiterung siehe oben) Kleidungsstücke herstelle, ändere, restauriere. (Weil ich zu faul bin, dutzende Geschäfte abzuklappern, mühevoll Kompromisse einzugehen, in Umkleidekabinen zu leiden, und alles erschöpft heimzuschleppen.)

Ich bin so faul, dass ich nicht großartig koche sondern aus dem was da ist etwas zusammenbastle. (Weil ich zu faul bin länger als eine halbe Stunde in der Küche zu verbringen, und danach eine halbe Stunde, um den Collateral Damage zu beseitigen. Wenn die Zubereitung doppelt so lang wie die Dauer des Zusichnehmens benötigt, hat sich für mich der Sinn der Übung verschoben.)

Ich bin so faul, dass ich beim Übersiedeln Tassen mit Socken vollstopfe und Teller in T-Shirts wickle. (Weil ich zu faul bin, Zeitungen anzuschleppen, die doppelte Übersiedlungsmenge zu produzieren, und die Stopfmaterialien zum Schluss entsorgen zu müssen.)

Ich bin so faul, dass ich während des Haarewaschens den überschüssigen Shampooschaum gleich dazu verwende, die Badewanne zu säubern (ich wasche meine Haare kopfüber in die Badewanne haltend). (Weil ich einerseits den Schaum nicht einfach wegspülen will, und nicht extra Zeit für eine eigene extra Wannenschrubbung aufwänden will.)

Ich bin so faul, dass ich einen Garten habe, weil ich dann einfach hinausgehen (und wieder hineingehen) kann wann es mich freut, ohne mich ausgehfertig zu machen und an alles zu denken was ich mitnehmen muss. Ich schüttle meinen Staubwedel bei der Gartentür hinaus, unternehme sämtliche patzigen und stinkigen Arbeiten einfach auf der Terrasse, schütte großzügig in weitem Bogen altes Schnittblumenwasser ins Gemüsebeet. Ich öffne die Gartentür und schnipple mir nach einem Schritt hinaus ein paar Finger voll Schnittlauch ab, statt mich anzuziehen und zum Supermarkt zu stiefeln.

Ich bin so faul, dass ich bestimmten Dingen verschiedene, neue Aufgaben zuteile, statt für jede Aufgabe ein eigenes Teil ins Haus zu holen. Ich bewahre meine Gläser in meine Häferl gestellt auf.

Ich weiß nicht, ob ich vielleicht frugal, kreativ und autark bin. Ich weiß aber bestimmt, dass ich faul bin. Das ist auch der Grund, warum bei mir alles an seinem Platz sein soll:
Weil ich einfach zu faul bin um zu suchen.


Samstag, 13. April 2013

Wusste ich schon, dass...

... ich in den Jahren 1979 bis 1983 ohne jeglichen Kontakt zu männlichen Menschen, insbesondere meines Alters, war?

Natürlich wusste ich das. Nur so richtig bewusst war es mir nicht wirklich ganz.

In dieser Zeit entging mir alles an altersspezifischer jungenhafter Kultur: Alle Themen die volksschulaltrige Buben beschäftigen – aus meiner Welt. Und das mir, wo ich im Kindergarten eher an "deren" Themen interessiert war: Ich wollte Indianer spielen (und nicht die Squaw sein die allein zu Haus im Tipi wartet dass ihr Indianer, in dem Fall Robert K., mit dem zu spielen ich gefragt hatte, heimkommt, um ihm etwas zu kochen), ich wollte Matchboxautos haben (oder sie wenigstens von den Kindergartenbuben ausborgen – doppelt negative Antwort darauf: Vater: Nein, die sind teuer; Buben: Nein, die sind nicht für Mädchen), ich wollte ein Skateboard, ich wollte auf Bäume klettern, ich wollte ein Schnitzmesser, ich wollte... ich war das was man einen Tomboy nennt. Nicht überraschend, identifiziere ich mich mit der Game-of-Thrones-Figur Arya am Ehesten.

Und was kam dann? Ich in die Volksschule. Anfang der 1980er. In eine katholische Volksschule. Eine Klosterschule. Eine "reine" Mädchenschule. Mit Klosterschwestern, die ihre Traumata, ihre Verbittertheit, ihre Lebens- und Erziehungsmethoden, ihre Anschauungen und ihr Weltbild, aus einem Konglomerat von Katholizismus, Vor- und Nachkriegsnöten, Russenbesatzung und deren Nebenwirkungen, Nazijugend, gezogen haben.
Der einzige männliche Vertreter der Menschheit zu Hause: mein Vater (und dieser kann gerne in das Heranbildungsschema der oben genannten Klosterschwestern eingebunden werden).
Der einzige männliche Vertreter der Menschheit in der Halbinternats-, sprich Ganztagsschule: der Pfarrer (und diesen bekam man schätzungsweise ungefähr 4 x im Jahr genauer zu Gesicht).

Vier Jahre männlicher Alterskultur wurden mir vorenthalten. Ich musste ein Mädchen sein. Nicht weiblich, um Gottes Willen, aber ein Mädchen. Was ist mir alles entgangen. Freche Ausdrücke und Sprüche. Vielleicht Kirschkernweitspucken? Fußball spielen. Comic-Hefte auf jeden Fall. Eben alles, was Jungs im Alter von 6 bis 10 machen. Und das sind sicher irrsinnig spannende, coole Sachen.

Ich war in einer Klosterschule. Bislang hab ich es so gesehen, dass die Schule einem Kloster angeschlossen war. Jetzt ist mir bewusst, dass ich selbst vier lange Jahre lang im Kloster war.