Samstag, 27. März 2010

Alices Unterleiberl

In der Volksschule gab es einerseits "weltliche" Lehrerinnen, andererseits aber auch Klosterschwestern, die die Nachmittagsbetreuung und teilweise den Unterricht innehatten. Abgesehen von der Küche, der Direktion und anderen administrativen Arbeiten. Putzfrau gab es allerdings eine weltliche, und was für eine. Ungepflegt, breit und groß, kurzes graues Haar, nahezu zahnlos. Ihr Name fällt mir momentan nicht ein, nur wie sie auf dem Gang über mir erschien und mir zudröhnte: "Na du kleiner Floh, du musst mehr Knödel essen damit du wächst!" Denn in meiner Klasse war ich immer die Kleinste, gefolgt von Manuela und Petra M.

In der Turnstunde zogen wir uns zuerst in der Turngarderobe um – raus aus der Schuluniform, rein in die Turnuniform. Und als Erstes im Turnsaal der Größe nach aufstellen. Ich immer am kurzen Ende, Petra P. immer am langen.

In der ersten Klasse hatten wir noch keine weltliche Lehrerin sondern eine alte, kleine, runde Schwester mit einem leichten Akzent. Polnisch, hatte jemand einmal erzählt. Schwester Benigna.
Und eben jene hielt mit uns als Klassenlehrerin auch die Turnstunde ab. Was genau wir da turnten weiß ich nicht mehr, erst ab der 2. Klasse mit der Lehrerin kann ich mich an "Völkerball" mit roten Bändern über die Schultern zur Erkennung der Gruppen erinnern. Abschießen. Ich ließ mich gern abschießen, dann hatte ich meine Ruhe und musste nicht mehr Panik haben und vor dem Ball davonlaufen. Lass dich abschießen, dann hast du's überstanden. So lernt man das.

Zu Schwester Benignas Turnstunde ist mir aber eines in Erinnerung, was bezeichnend für die Körperverständnisvermittlung dieser jungen Jahre war.
Zur Schuluniform gehörte eine hellblaue Bluse, kurz- oder langärmlig, ein dunkelblauer Faltenrock, der an den unteren Blusenrand geknöpft wurde, und eine Schürze. Socken oder Strumpfhosen sowie Westen mussten natürlich farblich passend und schlicht gehalten sein. Und wehe dieser Rock ging einmal langsam über die Kniescheibe hoch! Sünde! Hure! Der Rock muss mindestens das Knie bedecken.

Nun war es wohl schon eine etwas wärmere Jahreszeit, denn als wir uns zur Turnstunde umzogen, gab es plötzlich eine Riesenaufregung und ein Bohei, und darauffolgend ein dringendes Elterngespräch.
Alices Mutter wurde augenblicklich zur Schwester zitiert, denn Alice hatte unter der Bluse kein Unterleiberl an, da es ihr sonst zu warm würde. Und beim Umziehen zum Turnen – statt der Bluse ein weißes Leiberl mit aufgenähtem Schulwappen – der Aufreger: Schwester Benigna wörtlich:
Ziehen Sie dem Kind ein Unterhemd an, weil wenn es sich auszieht ist der Oberkörper nackt, das darf ich nicht sehen, niemand darf hier einen nackten Oberkörper zeigen!
– Den nackten Oberkörper eines sechsjährigen Mädchens.
Wovor fürchtete sich die Schwester. Vor dem ungeziemlichen Anblick? Vor sich selbst?
Angefasst haben uns die Schwestern nie. Auch nicht, wenn es einmal angebracht oder notwendig gewesen wäre.

Freitag, 26. März 2010

Endlich kommt die Füllung

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1. Anonyme Gutscheinspenden, ausgerissen aus Zeitungen und Magazinen, finden sich obskurerweise ab und zu in meinem Postkasten...
2. Die Welt ist ein Dorf, egal wohin man geht.
3. Immer dieses Elend mit den kindlichen Hosenknien.
4. Dass die erste Saat aufgeht, darauf freue ich mich jetzt im Frühling besonders.
5. Wer braucht Therapie, wenn keiner die Ursache beseitigt.
6. Entweder Gras oder Moos MUSS ins Osterkörbchen ;) !
7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf das einrenkende Knacksen diverser Gelenke und Verbindungen beim Hinlegen, morgen habe ich den Besuch verschiedener Verkaufsstellen geplant und Sonntag möchte ich, aber irgendwie doch nicht, die Fenster putzen!

Dienstag, 23. März 2010

Nun'Sense

Nun wird es hier eine neue Sparte geben. Ein Neues Testament. Über meine vier Jahre in der katholischen Klostervolksschule. Nicht, weil es gerade so massiv Thema in den Medien ist. Nicht, weil gerade alle über einen Skandal oder zwei angewidert sind. Sondern weil ich schon seit Jahren und Jahrzehnten dahingrüble, ob und wie ich darüber berichten soll. Und ob ich überhaupt darüber berichten soll. Ob es jemand etwas bringt. Ob es mir etwas bringt. Oder ob ich weiter jedes verinnerlichte Detail reflektieren und analysieren soll, im Inneren, nur für mich, gemeinsam als Erwachsene mit meinem inneren Kind.
Wahrscheinlich war bislang daran hinderlich, dass es damals nichts, bzw. eher noch zusätzlichen Ärger, gebracht hätte, hätte ich mit meinen Eltern darüber gesprochen. Mit den Mitschülerinnen damals darüber zu sprechen wäre nicht in Frage gekommen. Warum, wird sich in den Erzählungen herausstellen.
Missbraucht und misshandelt wurden wir nicht physisch. Zumindest nicht in der Form, die diese Tage diskutiert und aufgezeigt wird (aufgezeigt, denn bekannt waren diese Um- und Zustände doch schon seit Jahrzehnten, seien wir uns doch ehrlich). Dafür auf einer psychischen Ebene.

Eine kürzlich wiedergefundene ehemalige Mitschülerin meinte auf meine Andeutungen dass die Volksschulzeit verdrängungswürdig gewesen sei:
Hab den Namen E. (die Strengeste der Schwestern, und unsere Erzieherin, Anm.) vergessen, verdrängt, oder hatte immer einen anderen in Erinnerung. Egal, auch ich merke, wie sehr mich dieses "Mädchenklosterinternat'" geprägt hat. Versuche auch manchmal die Vorteile zu sehen. Schließlich haben wir eine Menge an Disziplin, im Sinne von Konsequenz, mitbekommen. Und auch die Stärke, uns in unserer Individualität von zuviel Strenge von außen nicht von uns und unserem Weg abbringen zu lassen, was uns schließlich stärkt.

Das wiederum lässt mich, wie so oft seit jener Zeit, nachdenken, ob nur ich es als so schlimm und traumatisierend erlebt habe, ob ich vielleicht sensibler reagiert habe als die Mitschülerinnen. Dass ich vielleicht nicht so ein Drama daraus machen soll.
Aber vielleicht haben die (Kloster)Schwestern ja damit gerechnet: Dass sich die meisten Kinder in dem Alter später nicht mehr so gut erinnern werden können. Oder dass sie es für normal und angebracht halten. Weil man Erwachsenen zu glauben und zu folgen = zu gehorchen hat. Weil man es selber noch nicht besser weiß und das Vertrauen hat, dass die Erwachsenen das Richtige tun, das Notwendige tun. Zudem war das, worüber jede pädagogisch ausgebildete Person die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und jeder Elter wutentbrannt auf dem Tapet stehen würde, wahrscheinlich die Art von Erziehung, die die Schwestern damals kannten und ernsthaft für richtig hielten. Später wurde mir einiges klar: Wer Ende der 1970er/Anfang der 1980er eine alte Frau war, musste um die Jahrhundertwende/in den 1920er Jahren geboren worden sein. Zwischen den Kriegen aufgewachsen. Unter Nazis erzogen. Den Krieg miterlebt. Wahrscheinlich den Mann verloren. Wahrscheinlich was von den Alliierten abbekommen. Wahrscheinlich deswegen später ins Kloster gezogen. Das Weltliche verabscheuend. Und die Kinder, denen Ähnliches nicht widerfahren ist. Wahrscheinlich. Darum. Die Härte. Die Kälte. Vielleicht sollte ich es aufschreiben ohne zwei mal nachzudenken "ob ich das denn so sagen darf" um es dann wieder ängstlich, eingeschüchtert und mich selbst nicht so wichtig nehmen dürfend zu verwerfen: Die Grausamkeit.

Wer darüber lieber nichts wissen will, liest besser nicht die "Heilige Schrift". Denn da hinein werde ich ab jetzt endlich niederzuschreiben versuchen, was als Schwebstoffe in meinem Kopf umherwirbelt. Fragmentarisch, spontan, vielleicht unzusammenhängend. Jede Menge Nun'Sense.

Freitag, 19. März 2010

Ein freier Freitag

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1. Eine Tasse Tee ist eine so internationale Idee wie eine Schüssel Suppe.
2. Von den Büchern meiner Kindheit und dem bildgehauerten Gartenzwerg meiner Großeltern umgeben zu sein gibt mir ein besonderes Gefühl von zuhause.
3. Alles hat eine Schönheit nur die Wurst hat zwei?!?
4. Warum gewinnt der Geruch von Schokolade gegenüber dem Geschmack von Erdbeeren?
5. Kunst bedeutet für mich dass einer auch darstellt was Andere nur denken und/oder fühlen.
6. Erst verdienen und später bezahlen.
7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf das Selbermachen von Pizza mit Mann und Kind, morgen habe ich den Besuch einer grünen Parade geplant und Sonntag möchte ich keine Ameise mehr in diesem Haushalt sehen!

Alternative!
Da ich die ausgefüllten Satzteile immer in einer anderen Schrift einsetze und dafür anfangs ein einzelnes Wort aus der ersten von mir eingefügten Ergänzung als Platzhalter hineinkopiere, ergeben sich – für die Endleser dann sonst nicht mehr erscheinende – manchmal teilweise funktionierende Sinnsprüche.
Diesmal war es das Wort "Wurst".

1. Eine Tasse TeeWurst.
2. Wurst gibt mir ein besonderes Gefühl von zuhause.
3. Alles hat eine Schönheit nur die Wurst hat zwei?!? ––> 1. Eintrag
4. Wurst – der Geschmack von Erdbeeren?
5. Kunst bedeutet für mich Wurst.
6. Wurst und später bezahlen.
7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf Wurst, morgen habe ich Wurst geplant und Sonntag möchte ich Wurst!

Nein, es gibt kein Gesetz gegen Albernheit!

Dienstag, 16. März 2010

Äußerst seltsam.

Erster Urlaubstag – der Paketpostbote klingelt am Nachmittag, um eine nicht bestellte Glas-Personenwaage zu liefern.
1., ich hab zu Weihnachten schon eine geschenkt bekommen. 2., ich hab keine bestellt. 3., ich hab dort seit Jahren nichts mehr bestellt, also schon gar nicht am 9.3. 4., es ist nicht mal ein Gewinn sondern soll € 7,99 kosten.
Ein Anruf in Salzburg, und einige Minuten Warteschleife später versichert mir die Telefondame, ich könne das Paket natürlich zurücksenden. Und nein, in diesem Fall muss ich für das Porto nicht selbst aufkommen. Und ja, anscheinend hätte ich schriftlich bestellt - und ich frage mich ob hier überhaupt eine Unterschrift gegenkontrolliert wird. Die Fazitfrage: Was will man mir damit bedeuten, NOCH eine Waage. Im Grund hätt ich die zu Weihnachten schon nicht wirklich gebraucht, da bereits eine funktionstüchtige im Haus, und außerdem muss man mir meine Gewichtszunahme im letzten Jahr doch nicht wirklich derart unter die Nase reiben. Selbst als Zeichen kann ich das nicht sehen, da ich schon vor dem Fasching dem Süßkram abgeschworen habe.

Zweiter Urlaubstag – die Nähmaschine näht ein, zwei Meter, um dann Unterfadenfirlefanz zu veranstalten.
Volles Programm mit Unterfadenknäuelsalat, gebrochener Nadel, Textilfraß und einem zornigen Ich. Mehrmals kontrolliert, neu eingefädelt, alles läuft im Trockenversuch, aber dann wiederholt Totalversagen. Und ja, Anne Liebler wurde konsultiert, und ja es kann alles Mögliche und Unmögliche sein, von der Fadenspannung bis zu Restfutzeln die sich sonstwo verstecken, aber für heute hab ich die Nase gelinde gesagt gestrichen voll, und es wird altbewährt wieder mit der Hand genäht (und damit erklären sich die handgeschneiderten Dinge in diesem Haushalt).
Und damit es heute doch noch ein Erfolgserlebnis gibt, noch schnell ein geschwinder Haarschnitt am Kinde. Das gelingt nämlich immer.

Samstag, 13. März 2010

F'oll f'ergessen

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1. Komm mit mir auf eine Reise durch Zeit und Raum.
2. Das Wetter wird schon noch in diesem Jahr.
3. Glück ist, wie die Hölle, in uns selbst.
4. Ein neu geschöpfter Fluch: Verhäkelt und verwirrt.
5. Ich warte auf den Ausverkauf von Schultaschen, anderenfalls kauf ich eine in Bangor.
6. Wolle, Stoffen und Pflanzensamen kann ich sehr schwer widerstehen .
7. Was das Wochenende angeht, heute gestern Abend freu(t)e ich mich auf das Ende des zweiten Waschgangs nach dem Wäschefärben damit ich endlich ins Bett kann, morgen heute habe ich ein bisschen Schneiderei geplant und Sonntag möchte ich Vettels Sieger-Handzeichen sehen!

Samstag, 6. März 2010

Abergläubisch

Wenn ich nicht die paar im Februar geknipsten Fotos von der Kamera herunterlade, kann das Wetter ja nicht auf Dauer märzig sein/werden/bleiben.

Hier also die Bringschuld aus dem vergangenen Monat, und: Wer hat jetzt nach den zwei, drei wärmeren Tagen wieder Eiseskälte und Schneegefutzel bestellt? Jetzt, wo endlich die spitzen Streusteine entfernt worden waren? Und der Garten die Nase frühlingwärts gestreckt hat?
Ich weiß, ich sage selber immer, bis Ostern kann es immer noch schneien.
Ich habe aber noch nie gesagt dass mir das zusagt.

Frühmorgens ist der Ritter Jake
noch mehr asleep als schon awake.

 
 Nach Krapfen vom Kalvarienbergmarkt
ist Kiefersperre angesagt.

Das Weltall sprengt bekannte Rahmen –
was ist des Planeten Namen?

Freitag, 5. März 2010

Freitag heißt so, weil ich mich dann übers Wochenende frei

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1. Gestern habe ich gelernt dass mein Kind einiges macht und kann, was meiner Ansicht nach nicht so besonders wäre.
2. Ein Zuhause ist unter Anderem, wo sich Freunde und die Familie treffen.
3. In all diesen Jahren ist es mir noch immer nicht gelungen etwas zu finden was mein Hautbild perfektioniert.
4. Nach einem mehrwöchigen Berlin-Aufenthalt hatte ich in Wien schwere architektonisch bedingte Beklemmungen, als ich angekommen bin.
5. Die Wahrheit ist, dass ich gerne und oft mit anderen Leuten ins Gespräch komme und währenddessen leider zu oft festzustellen beginne dass sie aus so ganz anderem Holz geschnitzt sind wie ich.
6. Wäre meine Kindheit ein einziger Tag, könnte man sagen: Das Mal für Mal immer besser funktionierende Rausklettern aus meinem Gitterbett zum Mittagsschlaf, das habe ich von dem Tag am Deutlichsten in Erinnerung.
7. Was das Wochenende angeht, heute Abend freue ich mich auf die Bettruhe, morgen habe ich den Besuch einer mittelalterlichen Vorführung geplant und Sonntag möchte ich eine Menge kleiner Dinge machen, werde höchstwahrscheinlich aber doch hauptsächlich dem Regenerieren frönen!