Sonntag, 22. Juli 2012

Fabulöse Fabulationen

Das Schräge-Geschichten-Erfinden kann das Kind nur von mir haben.
Nachdem wir einen Fernsehsender im Menü haben der spätabends vorzugsweise trashige Horror-Monster-Filme zu zeigen pflegt (Megapiranhas, Dinocroc versus Monstergator oder Ähnliches dieser Tonalität), phantasierte ich neulich vor mich hin, welche mutierte Spezies denn noch nicht dran war bzw. wie ich schnell und billig in zehn Minuten meinen eigenen Plot zusammenspinnen könne.

Es war einmal eine Kleinstadt in den USA (so ist es ja immer, nicht wahr?), in der es zu mysteriösen Todesfällen kommt: Unschuldige Personen von nebenan werden vertrocknet-mumifiziert umherliegend aufgefunden.
Beginnen tut es mit der kurzen Vorgeschichte eines Police Officers (sagen die Amerikaner so, oder bloß die Briten?), der seinen Abschied in die Pension feiert. Endlich ausreichend Zeit für sein Hobby, das Angeln. Am Liebsten an einem dieser typischen Horrorfilm-Seen – einsam, von bewaldeten Bergen umgeben, im Morgengrauen, man kennt das Bild.
Dieser Officer also feiert seinen Abschied, bekommt vielleicht ein supertolles neues Anglerset von seinen Kollegen geschenkt... und wird am nächsten Tag tot und verdorrt in seinem Schiffernakel gefunden. Am ersten Tag seines wohlverdienten Ruhestands!
Die Kleinstadt ist schockiert.
Was ist geschehen!
Sein jüngerer Kollege und damaliger Schüler (muss ja so sein) nimmt den Fall auf. Allein schon aus persönlichem Verpflichtungsgefühl.
Bis, ja bis seine eigene Nachbarin, die ältliche nette Dame mit der Vorliebe für die Chrysanthemenzucht in ihrem Garten (oder was der filmische Durchschnittsamerikaner so gerne heranzieht), zwischen ihren liebevoll gehegten Beeten aufgefunden wird. – Ja, genau das selbe Bild: Vertrocknet, verschrumpelt, mitten in ihrer Tätigkeit darniedergestreckt.
Nun wird es den Kleinstadtbewohnern mulmig: Was hat es zu bedeuten, dass diese Verblichenen in einer auffälligen Beziehung zum Cop stehen? (Man vernachlässige hier den Gedanken, dass in einer solchen dünn besiedelten Filmkleinstadt jeder mehr oder weniger in Beziehung zu mehr oder weniger jedem steht).
Dass er auf grässliche Weise mit diesen Todesfällen in Verbindung stehen MUSS, bestätigt sich den mittlerweile in gewohnter Weise dem grundlos Verdächtigen gegenüber argwöhnisch und feindselig werdenden Bürgern, als dessen eigener Bruder, Inhaber einer Baufirma, auf seiner neuesten Großbaustelle entdeckt wird – selbes Bild, arbeitspflichtbewusster Familienvater der am Wochenende alleine "seine" Baustelle begutachten wollte. Selbstverständlich hatte auch er eine tragende soziale Rolle in der Gemeinschaft inne; geschätzt von jedermann und ein klaffendes Loch hinterlassend.
Um der erzählerischen Eintönigkeit der sich wiederholenden Vorkommnisse entgegenzuwirken, verschärft sich nun das Blatt das sich schon längst gegen den Cop gewendet hat: Es beginnt eine Hexenjagd gegen den Gesetzeshüter, bei dem jetzt wahrlich der Hut zu brennen beginnt dieses Mysterium zu lösen, wobei er durch die aufgebrachte Bevölkerung natürlich empfindlich in seiner Ermittlungsarbeit behindert wird.
Dazwischengeschnitten, anfangs sehr subtil und unauffällig, im Fortlaufen der Geschichte immer etwas dramatischer und bedrohlicher, sieht man Erdbrocken, Schollen, unschuldiges Getier und – Gewürm. Regenwürmer, um genau zu sein.
Langer Geschichte kurze Auflösung: Durch den Bau der Kleinstadt auf einer (aha!) wichtigen alten indianischen Stätte (dachten wir's uns doch) wurde das Erdreich durch Vibrationen/Substanzen/was auch immer in Ungleichgewicht gebracht, wodurch die Regenwürmer undsoweiter, man kennt diese Schiene, nun sie haben auf Grund ihrer Mutation die Dahingeschiedenen mittels ihrer Berührung mit einer sich ausbreitenden ätzenden Flüssigkeit angegiftet, welche den Mumifizierungstod für die arglosen Opfer ausgelöst hatte.
Fazit am Ende: Cop findet Lösung, bringt alles wieder ins Lot...
Letzte Kameraeinstellung muss ein psychischer Cliffahnger sein, wie zum Beispiel Kinder unbedarft in der Erde buddeln und ein Regenwurm langsam in Richtung ihrer Hände wurmelt...
Heißen kann so ein Film natürlich nur wie etwas in der Richtung wie... Reign Worms; mit oder ohne Komma, das sei zu diskutieren.

Trashig, was!
Und scheinbar kommt sowas immer wieder gut an. Und das Strickmuster bedient sämtliche Hollywood-Klischees immer wieder gerne. Aber irgendwie sind solche Filme gerade dann am Besten, wenn sie am Schlechtesten sind.

(PS: Irgendwo muss man da auch noch so eine typische attraktive, nicht sehr intelligenzbegabte Blondine einbauen; so eine Figur muss scheinbar immer dabei sein, als reiner Hingucker oder als Ablehnungsobjekt oder Opfer bzw. Lockvogel. Jeder Film braucht überdies eine Figur mit der man sich identifizieren kann, die Sympathieträger ist, und andererseits auch eine, die man absolut nicht ausstehen kann und sich am Liebsten wegwünscht. Ohne diese Figuren werden Filme und Fernsehserien unanschaubar und schal.)

Sonntag, 1. Juli 2012

My 30s/40s in Caramel

Seit über 20 Jahren besitze ich ein Kleid, bei einer Ethnogeschäftskette gekauft und in damaligen Sommern am Leib getragen.
Luftig-feine schwarze Viskose, gefältelter Rockteil, und, was mir erst nach einiger Zeit aufgefallen war, brav mit Rocktaschen ausgestattet.

Nun trug ich das Kleid schon lange nicht mehr. Das Sonnenlicht hatte das Schwarz etwas entkräftet. Und ganz ohne Ärmel mag ich nicht so recht.
Aber entgegen der Daumenregel, dass man das, was man über ein Jahr nicht mehr getragen hat, genauso weggeben kann, ließ ich das Kleid in den letzten Jahren ein wenig warten. Auf das berühmte, stets spontan eintreffende "Klick!", dem eine flotte Umgestaltung folgt.
So auch bei diesem Stück.

Zuerst wurde es mitten in der Nacht plötzlich ins kalte Wasser gestoßen. Damit die Chlorbleiche ihre Arbeit tun konnte. Erwartetes Ergebnis? Irgendwas Rostrotes, Oxbloodiges vielleicht. Der Schnelltest am inneren Saum sprach von etwas dieser Art.
Ausgespülterweise sah es dann eher einem Schokoladebraun ähnlich, aber das Trockenergebnis sagte eindeutig: Goldkaramell! Nun gut, damit konnte ich leben. Auch wenn sich diese Farbe nicht in meiner Garderobe befindet, aber ich kam zu der Ansicht, dass mir gelbstichigere Farben eher zu Gesicht stehen als blaustichige.
Aber was mit den (nichtvorhandenen) Ärmeln tun! Schön, wenn man eine Kiste voll Stoffe hat, aber nichts kommt irgendwie in Frage. Und dann einen Ärmelschnitt basteln, irgendwie... bei dieser Hitze... Es fühlte sich nach einer weiteren Wartezeit auf Moment X an.

Doch spontan, wie am liebsten alles, sogleich die Idee: Ein übergroßes Früh90er-Werbe-T-Shirt mit trageuntauglichem großem Druck weiß auf schwarz ("Bad Boys Eau de Toilette"...) dümpelt im Kasten herum. Und wartet darauf, als Organspender zum Einsatz kommen zu können.
Schnipp, schnapp, kurze Ärmel ab, und direkt so ins Kleid eingesetzt. Und schnipp, schnapp, Bauchsaum amputiert und dem Kleid als Rückbindebändchen transplantiert. Die schwarzen Nähte und Knopfaugenknöpfe hatte es ja schon.



Es ist seinen Teenagerjahren entwachsen und in den Enddreißigern gelandet. Vor allem, wenn es dann mit schwarzen britischen Riemchenschuhen getragen wird. Nur meine Haare würden garantiert nicht bei dem Versuch "Wasserwelle" mitspielen.

PS: Einen "Peter Pan Kragen" hab ich in Erwägung gezogen. Das Spendershirt hätte ja noch reichlich herzugeben, falls es mir eines Tages danach sein sollte.