Sonntag, 14. Juli 2013

Ich glaube nicht an Haustiere.

Es gibt gewiss viele Stimmen, die der Meinung sind, dass Leute, die sich beim Anblick oder der Erwähnung von Haustieren nicht vor Entzücken auf den Boden schmeißen, asozial und/oder gefühlskalt seien. Dass ein Kind, das nicht in dauerhafter Gesellschaft eines Haustieres aufwächst, soziale Defizite erleidet, da ihm ein treuer Kamerad und die Möglichkeit, Verantwortung zu erlernern, entgeht. I beg to differ. Denn ich selbst bin der Meinung, dass es von keinerlei Nutzen jeglicher Seite ist, "sich ein Haustier zu halten". Der Tierhalter hat, wenn man sich ehrlich ist, diverse Abstriche zu machen (Stichworte: Freiheit auf unbestimmte Zeit die Wohnung zu verlassen, Reinigungsaufwand, Unterhaltskosten etc.), und das Tier selbst genießt keinerlei vergleichbare Privilegien im Vergleich dazu, ein selbstbestimmtes und freies Leben zu führen.

Überlegen wir einmal, welche Tierarten in unserer westlichen Welt gerne "gehalten" werden (und allein der Ausdruck "halten" selbst beinhaltet meiner Ansicht nach bereits das, was ein Hauptkritikpunkt meinerseits ist: es wird festgehalten.). Und warum ich bislang nicht "das perfekte" Haustier gefunden habe.
Da wären einmal die Säugetiere. Katzen, Hunde, Kleintiere wie z. B. Nager. In gewissen Regionen auch laufende Vierbeiner wie Pferde oder gar Esel. Zu Säugetieren habe ich naturgemäß den ehesten Zugang. Weil ich im Grund selbst eines bin. Aber was viele, wenn nicht die meisten, vergessen, ist, dass, auch nach absurdester Kreuz- und Überzüchtung, es immer noch Wildtiere mit gewissen Instinkten und Trieben sind. Die eben mehr oder weniger zu brechen versucht werden. Hund und Katze jagen. Das ist nun einmal so. Da kann man schwer den Hund beschuldigen, wenn er Radfahrer oder kleine Kinder "anfällt". "Braver Hund" mit Beißkorb und Leine – welcher ursprüngliche Wolf würde sich das schon mit Freuden gerne gefallen lassen.
Dann kommen die beliebten Fische und Vögel. Die konsequent eingesperrt werden müssen, da sie sonst entweder entfleuchen, oder zu Grunde gehen. Da wir menschliche Säugetiere mit diesen Tierarten biologisch wenig(er) gemein haben, ist es nicht unlogisch, dass mensch (vor allem kind) ziemlich rasch das Interesse verliert und das subjektive Belastungsgefühl bilateral schnell und stark zunimmt.
Auch Nagetiere "müssen" die meiste Zeit in Behältnisse und Käfige, da ihr Wesen unserem "zivilisierten" Lebensraum abträglich würde. Was wir instand gehalten haben wollen, will nun einmal benagt werden. Abgesehen davon sind viele Exemplare nachtaktiv, was unserem eigenen Biorythmus widerspricht. Ließen wir der Natur ihren freien Lauf, lebten wir irgendwie aneinander vorbei.
Auf Reptilien und "Exoten" brauche ich hier gar nicht mehr näher einzugehen.

Woher kommt dieser Drang, sich ein Haustier "zuzulegen"? Der Wunsch, ein Lebewesen absolut zu kontrollieren? Tiere, die nicht entscheiden dürfen, was und wann sie fressen, sich trotz ihres Arterhaltungstriebs nicht fortpflanzen dürfen (es sei denn es ist vom Menschen geplant und gesteuert, bzw. von vornherein operativ ausgeschlossen)? Die über Ort und Zeitpunkt sich erleichtern zu dürfen nicht entscheiden dürfen? Die räumlich und in ihren Bewegungsbedürfnissen vehement eingeschränkt sind?
Besonders überspitzt ist die Situation in Wohnungen in Gesellschaft ganztags abwesender Menschen. Ein Hofhund am Land, sofern er nicht an der Kette liegt, genießt hier noch vergleichsweise Privilegien. Ein Tier das tun und lassen kann was es will, ist unserem Wortschatz nach ein Streuner.

Tiere zu domestizieren begann mit der Idee, sie als "Nutz"tiere einzusetzen. Sie entweder arbeiten zu lassen, oder sich mithilfe ihres Körpers Materialien und Nahrungsmittel anzueignen. Leichter, sie einzusperren und bei der Hand zu haben, als sie weiterhin im Bedarfsfall zu jagen (und ja, wir sind selbst jagende Säuger, und wie und wo leben wir dann unsere eigenen uralten Instinkte aus?) Sie "einfach nur so" zu halten, ist vergleichsweise Luxus (im negativen Sinne).

Nur weil ich es ablehne, Tiere in meine Wohnung zu sperren, heißt das nicht, dass ich nicht an ihnen interessiert bin. Die Amseln in meinem Garten erkennen mein Gesicht bereits, und ich bin erfreut und aufgeregt, wenn ich merke dass sie Jungvögel in ihrem Nest haben. Sie stehen allerdings in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu mir, und ich verspüre keinen Drang, sie an mich zu binden. Sie sind erwachsene Exemplare einer anderen Spezies, die selbst wissen was und wie sie zu tun haben. Ich werde mich naturgemäß auch nie einem Hunderudel zugehörig fühlen (können).

Zoo und Zirkus wären die Erweiterung der Reflexion. Mir kann niemand etwas von "artgerechter Haltung" erzählen. Die kann es auch in den ambitioniertesten Tiergärten einfach nicht geben.

Ist das Ablehnen der Idee Haustier denn so pervers? Perverser, als sie künstlich krankzuzüchten, sie abhängig zu machen, und einen allfälligen Überschuss zu vernichten?
Was ist mit uns Menschen, dass wir die Natur verbiegen und verschlimmbessern, die totale Kontrolle wollen? Müssen wir uns die Welt und all ihre Bewohner wirklich untertan machen?

Schaut mich nicht so an, ich bin wahrscheinlich der wahrere "Tierfreund" – eben weil ich keinen bebeißkorbten Husky an der Leine aus meinem Apartment führe.