Mittwoch, 9. Februar 2011

Gentleman statt Hooligan!

Dieser Slogan für eine imaginäre, aber sicher nicht unangebrachte Sozial-Kampagne fiel mir Ende vergangener Woche ein, als ich magenkrampfgeschüttelt durch eine offene Glastür zum U-Bahn-Bahnsteig in Richtung Heimat wackeln wollte.
Denn einen Sekundenbruchteil nach mir schickte sich ein Mann an, in der entgegengesetzten Richtung denselben Durchgang zu benutzen. Wenn ich sage, Mann, dann meine ich einen nahezu zwei Köpfe größeren und doppelt so breiten Herren ungefähr meines Alters. Der den Türrahmen ausfüllte. Und es stur dabei beließ. Auch auf ein "Pardon?" meinerseits keinen Muskel bewegte. (Ich fühlte mich zu unwohl um nach Strategie Nummer 1, nämlich der Höflichkeit, Schiene 2, nämlich den Humor, anzuwenden, und frohlockend "Sesam, öffne dich!" zu rufen.)
Frech und trotzig wie auch ich es sein kann, kapitulierte ich angesichts der sich nicht mehr rühren wollenden und ziemlich finster dreinblickenden Fleischmasse und stapfte demonstrativ in betontem Rückwärtsgang meine letzten drei Schritte retour, auf dass die Dame zuerst weiterschreiten konnte. Da polterte die Türfüllung auch noch ein "Unglaublich.", auf das ich ein spontanes "In der Tat!" hervorbrachte (und ja, ich spreche wirklich so). Wäre er nicht an die 2 Meter und 130 Kilo inklusive Grimmblick gewesen, hätte ich ihm wohl nachgeträllert, was mir in dem Moment durch den Kopf schoss:
Ladies first!
Und daraus wurde in meinem Kopf auf der Stelle "Gentleman statt Hooligan".

Ist es eine Nebenwirkung der bislang noch nicht tatsächlich funktionierenden "Gleichberechtigung", dass Frauen jetzt ohne schlechten Gewissens nicht die Tür aufgehalten wird, sondern einem selbige an den Kopf geknallt werden darf? Trifft es sich denn nicht, dass man im Durchschnitt kleinere und leichtgewichtigere Frauen einfacher zur Seite schubsen kann? Gilt jetzt ganz einfach wieder ganz allgemein: Survival of the Fittest?
Vielleicht ist es mit dem Knigge in der Praxis ohnehin nie weit her gewesen.
Vielleicht gab es das Türaufhalten, das In-den-Mantel-Helfen, das Taschen-Tragen – vielleicht gab es das ohnehin nur in elitäreren Kreisen, in wohlhabenderen Schichten. Dass einem beim Diner das Sesselchen zurecht geschoben wird. Höchstwahrscheinlich hat man(n) einer Marktstandlerin ebenso wenig den Vortritt gelassen wie heute.
Was ja nicht heißen soll dass ich jetzt allein aufgrund meiner Chromosome rundum gepampert werden will. Eher, dass sich egal-wer egal-wem gegenüber zuvorkommend, rücksichtsvoll und höflich verhält. Ich halt gern mal einem Bullen von Mann die Tür auf. Damit hab ich überhaupt kein Problem. Nur damit, wenn es sich auf die primitive Ebene reduziert: Ich bin größer, ich bin stärker, drum bin ich Erster, und du bist nix.
Aber ach ja, der Tyrannosaurus Rex hat's ja nie zum Friedensnobelpreis gebracht...

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