Sonntag, 4. November 2012

Lagerfeuer im Zwischenstromland

Allbekannt ist, dass man in dusteren und feuchten Tagen wie derzeit vermehrt Zeit in den angemieteten Rückzugsgebieten verbringt. Mit dem Wunsch nach Winterschlaf melden sich auch weitere Urinstinkte zurück: beispielsweise der Nestbau- bzw. -Reinigungstrieb.

Fläzt man nun leicht lethargisch auf dem Sofa und lässt das schnupfentränige Auge über den Raum schweifen, fällt einem auf, dass sich letzendlich alles, drinnen wie draußen, in die immer gleichen Stellen wehen lässt. Die Wohnung ist ordentlich und geputzt? Das möchte man meinen. Aber wohin weht es draußen Laub und Sand? In Winkel und Ecken. Es fängt sich unter Hervorstehendem. Dieses Naturgesetz gilt auch im überdachten Raum: Wo immer sich Winkel und Ecken finden, dort finden sich Türmchen, Häufchen, Kistchen, Säckchen. Was heimatlos durch die Zimmer treibt, weht mithilfe eines unmerklichen Windhauchs in Nischen. Und unter möbelarchitektonische Bäume und Büsche wie Betten und Regalkonstruktionen. Und hängt dort ewig fest. Naturgemäß sind auch das die Stellen, an denen sich Lurch und Staub fangen. Wohin sich verständlicherweise mitunter auch Spinnen zurückziehen. Ist der Windhauch stiller, segeln welke Blätter wie von Zauberhand herab und belegen Oberflächen, bis es sie in besagte Winkel treibt. Ist es nicht so? Ist es nicht immer so?

Nun sehe man seine Räume wie kleine Gärten und Parks. Man kehre das Laub aus den Ecken heraus, wo es unbeachtet vor sich hinrottet und verwittert. Man fange es dort heraus, wo es sich unter größeren Gebilden geschoben und gefangen hat.
Das ist die erste Naturgesetztheorie.

Die zweite Naturgesetztheorie ist eine Methode. Nennen wir sie die Lagerfeuermethode.
Einerseits können wir, mit einem bildlichen Körbchen im Arm, durch die Gegend gehen und Früchte, Beeren und Wurzeln einsammeln, die uns auf dem Weg begegnen. Sprich, mit einem Sack oder einem Karton durchs Zimmer gehen und einsammeln, was mitgenommen und sortiert/weggeworfen werden soll. Das entspricht uns Jägern und Sammlern. Und was wir auch brauchen, und was einen großen Effekt erzielt, ist, ein Lagerfeuer aufzubauen. Dazu geht man bekanntlich umher und sammelt umherliegendes Treibholz, Ästchen, abgestorbene und abgebrochene Äste, Laub als Zunder. Wie man das in der Wohnung tut? Nach dem selben Prinzip. Man gehe und sammle alles, was keinen eigenen Platz hat oder zu finden ist wo nicht sein Platz ist, und trage es an eine freie Stelle, in der Mitte des Raums. Man türme alles gut sichtbar und begehbar zu einem Lagerfeuer auf. Doch anstelle es zu entzünden (was eine schnelle und effektive, aber in Wohnungen weniger empfehlenswert Methode wäre), trage man (nach großer Bewunderung des Umfangs des Zusammengetragenen)  diesen Haufen Stück für Stück wieder ab. Bringe Dinge an ihren tatsächlichen Platz. Oder entsorge sie; in anderen Worten, werfe sie weg.

Das Jagen und Sammeln ist in uns verankert. Wie sonst käme es dazu dass wir so viele Dinge heim schleppen und verwahren. Nutzen wir diesen Urinstinkt in die entgegengesetzte Richtung. Los, an die Laubrechen. Und die größten Lagerfeuer sind doch immer die schönsten.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ja, die Erfahrung musste ich auch schon machen: Wenns zuviel ist, hilft nur mehr ein neues Heim woanders dafür finden....