Freitag, 23. November 2012

Noch eins drauf: Müll verschenken

Und wieder lockt das Weihnachtsgeschäft. Wem schenkt man was. Und was schenkt man wem, der schon alles hat.

Seit einiger Zeit, genauer gesagt seitdem es November und kälter geworden ist, bemerke ich jeden Morgen auf dem sehr frühen Weg in die Arbeit eine in eine Decke eingemummelte, schlafende Person in einer Eingangsnische zu einem Spielmaschinenlokal (sic). Ein paar Habseligkeiten in Säcken daneben gelagert.
Und jeden Morgen denke ich mir, Was könnte ich dieser Person geben. Was könnte ich ihm (oder ihr?) von meinen vielen, zu vielen, Dingen geben. Was könnte man einer Person schenken, die nicht schon alles hat, sondern die gar nichts hat. Und andererseits, weil offenbar wohnungslos, auch keinen (Aufbewahrungs)Platz für etwas hat.
Erschreckend ist, die Denkparallele aufzudecken zwischen Einem Geschenk für jemand der alles (und keinen Platz für noch mehr/Wünsche) hat und Einem Geschenk für jemand der gar nichts (und keinen Platz für irgendetwas) hat.

Vielleicht sollte man eben so schenken. Vielleicht sollte man nicht einfach anderer Leute Wohnungen zu-schenken, ohne sich vorher ernsthaft und ausführlich zu fragen, was sie wirklich (ver)brauchen können. Wird man sich darüber fragen, Was mach ich damit? Wo soll ich das hintun?

Ich überlege, alle paar Tage vorsichtig ein Sackerl mit Lebensmitteln zur Nische zu stellen. Schnell zu Verbrauchendes aber Haltbares/Transportables, ohne Aufwärmen oder mit Hilfe von Küchengeräten zu Verzehrendes. Brot, Fleischkonserven, Obst.

99 % der Dinge die mich jetzt im Moment umgeben sind überlebensüberflüssig.
Es gibt kaum etwas in diesem Raum, das wirklich not'wendig ist.


Nachtrag.

Wie der Zufall es wollte, stieß ich nur einige Tage nach Verfassen dieses Posts auf einen kleinen Artikel in einer Postwurf-Gratiszeitung, in der Telefonnummer und Emailadresse zwecks Kontaktierung der Caritas angeführt waren, falls man Menschen auf der Straße nächtigen sieht. Und eine Email schrieb ich.

Sehr geehrte Damen und Herren,
seit einiger Zeit (einige Wochen) bemerke ich jeden Morgen auf meinem Weg in die Arbeit eine in eine Decke gewickelte Person, die in einer Nische eines (ehemaligen?) Spiellokals schläft. Da ich in der H.er Bezirkszeitung gelesen habe, dass man Sie in so einem Fall auf diesem Weg kontaktieren kann um Unterkunftslosen Hilfe zukommen zu lassen, würde ich Sie bitten, sich dieses Menschen anzunehmen und ihm oder ihr mit Rat und Unterstützung beizustehen.
Nachmittags bzw. abends habe ich sie oder ihn dort nicht mehr gesehen, doch in der Früh zwischen 6 und 1/2 8 schläft er/sie immer an der selben Stelle:
J.straße/Höhe M.gasse.
Ich bitte Sie, doch bald einmal Nachschau zu halten und verbleibe
mit freundlichen Grüßen und bestem Dank für Ihre Bemühungen,
C. B.

Eine Antwort kam am darauffolgenden Tag.

Sehr geehrte Frau B.,
dieser obdachlose Mann, der vor einem ehemaligen Wettbüro in der Nähe der J.straße übernachtet, ist unseren StreetworkerInnen aus der Gruft bekannt.
Wir bemühen uns eine langfristige Lösung für ihn zu finden. Wir können niemanden dazu zwingen unser Angebot in Anspruch zu nehmen.
Danke Ihnen für Ihren Hinweis. Wir sind angewiesen auf Rückmeldungen aus der Bevölkerung, auf Menschen wie Sie, die Ihre Zivilcourage unter Beweis stellen und nicht wegsehen.
Vielen Dank dafür.
Herzliche Grüße, M. S.


Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre schnelle Reaktion! Heute Früh habe ich den Mann nicht mehr gesehen – ich hoffe, er wird den Winter gut und gesund überstehen. Mein Gedanke war, dass viele Hilfsbedürftige vielleicht gar nicht wissen wohin sie sich wenden können bzw. dass sie es überhaupt können – das Angebot anzunehmen ist, da stimme ich Ihnen zu, deren eigene Entscheidung.  
Ich wünsche Ihnen noch alles Gute für Ihre wertvolle Arbeit und danke Ihnen und Ihrem Team für Ihr Engagement!  
Mit den besten Wünschen,  
C. B.

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