Sonntag, 10. August 2014

11 Tage im NI'emandsland ~ 7

In der etwa eine halbe Busstunde entfernten Stadt gibt es eine Gebrauchtbuchhandlung. Und wenn die auch noch zusperrt, fahre ich nicht mehr dort hin.
Jedenfalls gibt es eine Auswahl paradiesischen Ausmaßes, die Preise sind fast zum Schämen niedrig, und ich finde dort regionsbezogene Ausgaben. Meine Zielsektion ist die der Kindheits- und Jugenderinnerungen von Personen aus diesem Land, vorzugsweise Städter und aus dem zeitlichen Rahmen der vergangenen 50 bis 80 Jahre.
Die Volksseele werde ich wahrscheinlich nie wirklich verstehen können; sie muss so sehr anders sein, wegen der so unterschiedlichen Hintergründe.
Wenn also Jugendliche nächtens ein Treffen an der Siedlungsmauer abhalten und früher oder später eine Rauferei ausbricht, kann ich nicht einschätzen was Spielerei ist und was Ernst. Wie ihre Regeln sind, ihre Grenzen, ihre Rituale. Oder ob es überall so ist und ich es bloß nicht kenne.
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Pussy Patrol NTA

Samstag, 9. August 2014

11 Tage im NI'emandsland ~ 6

Es kommt mir nicht nur so vor, und es kommt nicht nur mir so vor:
Immer mehr Geschäfte schließen hier, immer mehr Häuser stehen zum Verkauf und leer. Und wenn hier ein Haus unbewohnt ist, werden die Fenster mit Brettern vernagelt. Oder alten Metallplatten.Das sieht schon etwas beklemmend aus, wenn gleich mehrere Häuser in einer Gasse oder einem Häuserblock derart verbarrikadiert sind.
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Civic amenity compound.

Freitag, 8. August 2014

11 Tage im NI'emandsland ~ 5

Dieses Jahr...
... finde ich weitaus weniger Münzen auf der Straße, dafür jede Menge Knüpfgummibänder.
... habe ich noch gar keine Paragonfalken fliegen gesehen.
... fallen mir viele  geschlossene Geschäfte auf die ich üblicherweise aufgesucht hätte.
... fürchte ich ein wenig dass die Zeit zu knapp wird und wir es nicht an die Küste schaffen werden.
... sind die Brombeeren an den Straßen schon etwas früher reif und ich frage mich, ob sie überhaupt wer pflückt außer mir.
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This is a neighbourhoodwatch area.

Donnerstag, 7. August 2014

11 Tage im NI'emandsland ~ 4

Bekanntlich bin ich ja nicht der begeisterte Landmensch. Ich schätze eine sinnvolle Infrastruktur, bin aber deshalb auch kein eingefleischter Verfechter des Großstadtlebens.
Ja also was nun!
Beides, wie so vieles, hat seine Vor- und Nachteile. Weder hab ich Panik vor Viechern oder dass der Hosensaum gatschig wird, noch breche ich in schwärmerische Jubelschreie aus wenn ich einen Schmetterling erblicke.
- Oh diese gute Luft! (Wald-, Meeres-, usw.) Ja, sie riecht nach Schwammerl/Seetang/Jauche/Wasgradimmer, und klar ist das angenehmer als Autostauabgase. Aber in der Stadt fahr ich U-Bahn, hier ist man aufs Auto angewiesen.
Ich bin vom Land nicht fasziniert, weil das für mich halt nichts Besonderes, Erhabeneres ist. Ausgeprägte Landfans reizen mich daher ein bissel. So wie jene, die meinen nach der Berührung eines Grashalms Kind und Kegel waschen und desinfizieren zu müssen. Oder, beide Varianten in Einem!
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Enjoy feeding our birds but... Please wash your hands and use the sanitizer provided.

Mittwoch, 6. August 2014

11 Tage im NI'emandsland ~ 3

Einer der Gründe, warum man von Zeit zu Zeit das Land verlassen sollte, ist, durch den Tapetenwechsel ein bisschen aus der Selbstverständlichkeit der Regeln und Dinge im 24/7/365-Land zu kommen.
Dass die Unterschiede größer sind als vorgestellt, offenbart sich nur nach und nach. Gut, Offensichtliches wie die Verkehrsrichtung inklusive auf den ersten Blick von Geisterhand gesteuerte Autos wird erwartet. Dass man keine Gartenschläuche besitzt da es ohnehin täglich einmal gießt ist einleuchtend (und lässt einen denken, dass an der Scherzverwechslung mit Australien doch mehr dran sein könnte).
Doch dann kommen Hinweise auf Vor100Jahren. Und dass unsere Geschichtsbücher aus anderen Perspektiven geschrieben wurden. Andere Hintergründe, andere Details. Wir sagen Sarajevo, sie sagen Somme. Uns steckt der Zweite mehr in den Schädelknochen, und die geographischen Unterschiede werden unter der Lupe zum Geoclash.
Dass es im Vergleich andere Gesetze und Regelungen betreffend das Alltagsleben gibt, gerät langsam in den Hintergrund.
Man muss manchmal einen Schritt zur Seite treten und Abstand nehmen, um seinen eigenen Sumpf den man Zuhause nennt wieder wahrnehmen zu können.
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Are you OK for a bag?

Dienstag, 5. August 2014

11 Tage im NI'emandsland ~ 2

Was ich an sich nicht gerne tue, ist Shoppen. Es vereint zu viel davon was mich unter Druck setzt.
Hier ist es allerdings anders. Nicht, weil Urlaub ist und man im Urlaub doch entspannter (ist doch die allgemeine, aber widerlegte, Annahme). Sondern auf Grund der anderen Umstände:
Erst einmal, hier ist mehr Platz. Hier ist so viel mehr Platz, dass man Gebäude einfach verlassen vor sich hin verfallen lässt und stattdessen nebenan neu baut. Hier ist genug Platz. Platz für alle. Hier verteilen sich die Leute besser. Und Touristenströme, die gibt's hier nur vermindert. Einem Alpenrepublikler fällt das natürlich auf, so viel Platz. Dass gar nicht gedrängelt und gerempelt werden kann.
Weiters (um auf das Thema zurückzukommen) ist das Angebot hier natürlich auch anders. Nicht (nur) dass es mehr zu entdecken gibt, sondern dass es mehr meinen Geschmack trifft.
Und obendrein sind einzukaufende Dinge hier günstiger. Und nein, ich habe nicht vergessen umzurechnen. Wie das geht? Die Steuern höchstwahrscheinlich. Dass sie nicht so hoch sind. Ehrlich gesagt bin ich jetzt zu faul für fundierte  Recherche, aber dass in Österreich die Steuern höher sind, davon kann man ausgehen.
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Fliege hoch, bunter kleiner Steuerdrache!


Montag, 4. August 2014

11 Tage im NI'emandsland ~ 1

Erst am Flughafen fällt mir auf, dass ich mein Kalenderbuch nicht mitgenommen habe. Ich werde improvisieren müssen und hoffen, dass manche Adressen doch im Herold stehen. Ich schreibe nämlich noch Ansichtskarten.
Im Flugzeug wird das Kind von zwei Stewardessen streng befragt ob er fotografiert hätte. Das sei illegal. Das vermeintliche Stalker/Terroristenkind löscht zerknirscht seine Bilder von der Trockeneis-Belüftungsshow. Und ich filme Start und Landung aus dem Fenster. Weil die Erde niemand gehört.
Immer wieder ist es faszinierend, wie Wolken von oben oder innen aussehen. Die Formationen, die Schichten. Und die Welt sieht aus wie ein träge vor sich hin köchelnder Topf. An die Luftdruckunterschiede im Kopf werde ich mich aber nie gewöhnen können.
Am Rand einer Kleinstadt nahe der Grenze steckt ein Schild in einem kleinen Hügel. Stop strip searching republican prisoners. In dieser Kleinstadt wurde übrigens in den frühen 60ern das letzte Mal im ganzen Land (und nur auf Grund von Indizien) ein Mann gehenkt. Keine Sorge Österreich, nicht nur bei uns ist nicht alles eitel Sonnenschein.
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To open door, raise handle.