Mittwoch, 12. Mai 2010

Walk this way! Talk this way! oder: Die erfundene Beichte.

Passend zum 12. des Monats, zu dem ich längere Zeit gewissenhaft und regelmäßig photographisch beigetragen habe, eine Erklärung für die wiederholte Absenz von kommentierten Tagesillustrationen einerseits, und ein schauderliches Anekdötchen an NunSense andererseits.
Wie kommt es, dass Sie schon seit Längerem nicht an "12von12" teilgenommen haben, Frau B.?

Es dräute mir, dass mir manche Dinge, mehrmals wiederholt, weniger zur abgeschmackten Gewohnheit, sondern oft zu einer Pflicht werden, der ich nachkommen zu haben das Gefühl habe.
Zeitmangel hin, Inspiration her, das ungegebene Versprechen muss (ein)gehalten werden.
Muss es? Wirklich? Und warum?, fragt mein Eingebauter Selbstpsychologe mein Inneres Kind.
Ja. Warum.
Und fühle ich so an die drei Jahrzehnte rückwärts, erinnere ich mich an die Klostervolksschule. Und den internen Herrn Pfarrer. Und die Beichten, zwecks derer wir, nach Absolvieren der Erstkommunion, des Öfteren ins Dachgeschoß kommandiert wurden. Nicht in einen klassischen Beichtstuhl am Rande des Kircheninneren, sondern in einen hellen, leeren Raum unter dem Dach (näher zu dir, mein Gott, damit du mich besser sehen kannst?), in dessen Mitte ein kleines Betbänkchen stand; davor zu kniend und dahinter der Herr Pfarrer, seines Zeichens Gottes Stellvertreter, aufmerksam inspizierend, teilend, wägend, abstrafend.
Nun, was hat ein 7-, 8jähriges Schulmädchen Ende der 1970er Skandalöses zu beichten?
– Genau: höchstwahrscheinlich nicht viel bzw. nichts.
Aber wir waren doch alle Sünderinnen! Wir waren doch alle schlecht! Sr. Edmunda wurde ja keinen Tag müde dies zu betonen! Wir alle hatten ja etwas verbrochen! Und wer das nicht einsähe, wäre den Kopf zu hoch tragend gotteslästernder als sämtliche Durchschnittssünder. Die sich ihrer Schuld wenigstens bewusst seien.
Also scharf nachgedacht: Eine Sünde muss her. Oder besser noch zwei. Kleine. Nicht überprüfbare. Durchschnittliche. Glaub-würdige.

So kam es also, dass ich dem Herrn Pfarrer verschämt und reuig zuflüsterte, ich hätte meine Eltern belogen. Wiederholt. Und wäre zornig gewesen. Oder sowas in der Art.
Nach Details oder gar Beweggründen wurde erst gar nicht gefragt, also war man sicher, im Kreuzverhör der Inquisition.
Dafür kassierte ich ein paar Gegrüßetseistdumarias und Vaterunsers. Strafantritt umgehend, kniend und, wie es sich gehört und zu der Zeit schon gelernt habend, mit bebend tonlos murmelnden Lippen. Derweil die nächsten Angeklagten schon vor der Türe warteten.
Und raus war man aus der Sache. Auch wenn man sich nachher mieser fühlte als vorher.
Es kann nun eben nicht sein, dass man nicht mit Fehlern und Sünden behaftet ist. Und es kann ja auch nicht einfach so sein, dass man einfach aufhört, etwas nicht/zu tun. Nicht wahr?

Höchstwahrscheinlich hat kein Hahn danach gekräht, wo meine 12er-Bilder wären.
Höchstwahrscheinlich hat niemand ein Problem damit.
Nur bei mir selbst zeigt es eines auf: Ein Versprechen das ich nie gegeben habe, einen Eid, den ich nie geleistet habe, einfach ohne Ankündigung, Entschuldigung und Erlaubniserteilung auf Eis zu legen.
Es wird mich niemand verurteilen. Es wird niemand lange, akribisch und todernst die Umstände und Beweggründe überprüfen. Es wird mich niemand zu etwas zwingen (können/wollen).
Das tu nur ich selbst.
Bzw. der Psychomüll, den sie mir vor etwa 30 Jahren konstant eingeimpft haben.
Wirklich Zeit für ein porentiefes Detoxing.
Es wird sich nicht das angedrohte Fegefeuer unter mir auftun.

2 Kommentare:

Ex hat gesagt…

Das einzige Mal, dass ich beichten war, war vor meiner 1. Hl. Kommunion.
Auch, ein Raum, ein Pfarrer und erfundene Sünden.

Total bescheuert, oder?

© hat gesagt…

Dutzende Male war ich. Man soll ja vor jeder Messe, und derer gab es viele.
Ich glaub, der Katholizismus -treibt- einen erst in das wahre "Sündentum"...